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Die Spielkarten

Verflixtes Lotto. Wir waren ein Frauenhaus. Papa sass fast das ganze Jahr im Senat in Rom, mein älterer Bruder war in Ancona zum Weihbischof berufen, der jüngere marschierte im Veneto die Ränge zum Berufsoffizier durch. Mit mir zu Hause in Cesena blieben Mamma, meine zwei jüngeren Schwestern, eine Haushälterin und Pia, das verheimlichte Bébé des Weihbischofs zurück. Das Geld von Papa kam pünktlich, doch die Zeit roch nach Mottenkugeln in lange ungeöffneten Schränken. Als Töchter eines angesehenen Hauses konnten wir nicht viel mehr tun, als auf Bräutigame hoffen.

Um uns nicht in Stille oder Streit zu verstricken, strickten wir Schlüttchen für Pia, oder wir spielten Karten. Lotto, Briscola, Scopa oder so. Wir liessen uns Zahlen, Münzen, Stäbe, Kelche und Schwerter um die Köpfe fliegen, um schliesslich am Tisch auf den Ellbogen einzunicken, in Frieden oder Streit. Ja, wir waren eine verstrickte Gemeinschaft, gönnten uns wenig, und einander schon gar nichts. Freilich hatten wir ein Problem. Wenn wir bloss gewusst hätten, was für eines. Bevor die Villa zu verfallen anfing…


Text: Markus Maeder

 

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